4.      Entwicklung des Patenfunktionsstufenmodells

 

Um die Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche umzusetzen, entwickelten wir nach entsprechenden Vorüberlegungen das Patenfunktionsstufenmodell nachfolgend abgekürzt mit PFSM.

4.1.     Vorüberlegungen zum EIKA-Patenfunktionsstufenmodell (PFSM)

4.1.1.  Wortbedeutungslehre
 

Das Wort Pate kommt vom lateinischen pater spiritualise bzw. patrinus,  „Mit–Vater“ (genauer wiedergegeben mit dem Wort „Gevatter“).

4.1.2. Christliches Verständnis von PatInnen


Im christlichen Sprachgebrauch, ist die PatIn von der Bedeutung gesehen „Geistlicher Vater/Mutter“, die in der Anfangszeit des Christentums für die Vorbereitung auf die Taufe eines Taufbewerbers zuständig war.

 Außerdem übernahmen die PatInnen mit den Eltern die christliche Erziehung des Täuflings. PatIn ist ein Ehrenamt in christlichen Kirchen. Die TaufpatIn begleitet oder trägt den Täufling bei der Taufe und ist anerkannte ZeugIn der Taufe.

4.1.3. Zur Geschichte örtlicher Patenschaften
 

Weltweit gesehen fanden die ersten Initiativen für örtliche Patenschaften in den USA statt. Einige BürgerInnen in den jungen Industriestädten der Ostküste nahmen sich der Straßenkinder an, um sie vor Ausgrenzung und Kriminalität zu bewahren.

4.1.4. Allgemeines Verständnis von örtlichen Kinder– und Familienpatenschaften
 

Bei einer Kinder– und Familienpatenschaft kümmert sich die PatIn regelmäßig mit konkreten Hilfestellungen und Zuwendungen um eine junge Familie mit kleinen Kindern. Aus den verschiedensten Gründen haben es diese Familien besonders schwer, den Anforderungen des täglichen Lebens und der Kindererziehung gerecht zu werden.

Daraus folgernd wird die freiwillige Übernahme einer Fürsorgepflicht als Patenschaft bezeichnet.

4.2.    Biblisches Leistungsverständnis aus unserer Sicht
 

Nach unserem christlichem Glaubens– Welt– und Menschenbild hat jeder Mensch vor Gott einen leistungslosen Selbstwert und ist deshalb als Geschöpf Gottes in seiner Einzigartigkeit gerechtfertigt unabhängig von seinen Leistungen.

Hiermit sprechen wir uns natürlich nicht grundsätzlich gegen menschliche Leistung aus. Ganz im Gegenteil finden wir auch selbstbestimmte, schöpferische Leistungen für unsere Initiative förderungswürdig, um die Einzigartigkeit eines jeden Kindes zu würdigen.

Wir sehen aber in unserer Leistungsgesellschaft viele Entwicklungen, die wir kritisch beurteilen. Diese Entwicklungen weisen sich durch erfolgsorientierte Bewertungen aus, die den Menschen auf seine wirtschaftlich meßbaren Leistungen reduzieren.

4.2.1. Bewertungssysteme in den Bildungseinrichtungen mit eigenen Lernerfahrungen
 

            Nach unseren Beobachtungen wird die individuelle Entwicklung von Kindern in den meisten Bildungseinrichtungen erheblich durch die bestehenden Lehrpläne eingeschränkt. Ergebnisse, die überwiegend auf Einheitsantworten ausgerichtet sind, resultieren in Zensuren und Bewertungen, die häufig dazu führen, daß Kinder ausgegrenzt oder abgewertet werden. Dadurch sind sie in ihrer Leistungsbereitschaft demotivert. Dies wird besonders deutlich, wenn Kinder vom Elternhaus nicht die ausreichende Unterstützung bekommen, die sie benötigen.

            Die heutigen Erkenntnisse der Hirnforschung und die darauf basierende Lerntheorie zeigen deutlich auf, daß Kinder über ein anderes, ganz eigenes Lernverhalten verfügen.

            Lerninhalte müssen das Interesse des Lernenden ansprechen und damit seine Neugierde wecken, aus der sich Fragen entwickeln. Die Inhalte bekommen eine Bedeutung, die bei dem Lernenden eine hohe Lern- und Leistungsbereitschaft wecken.

Um Kindern eine größere Chance auf Bildung zu gewährleisten, ist es notwendig, in die schon bestehenden guten didaktischen und sozialemotionalen Konzepte Lernziele wie Neugier, Kreativität, Teamgeist usw. einzubinden.

Diese Voraussetzungen für ganzheitliches Lernen sollten in der Praxis intensiver gefördert werden und eine individuellere Berücksichtigung finden.

Wir wollen mit unserer Initiative „Einfeld -  für Kinder aktiv“ Kindern die Chance auf mehr Teilhabe in unserer Gesellschaft geben.

Schließlich geht es schon in den frühesten Entwicklungsphasen und insbesonere schon in Kita, Hort und Grundschule um die Weichenstellung für das Lebensschicksal unserer Kinder und somit um die Zukunft der Gesellschaft.

4.2.2. Gesellschaftliche Aspekte
 

Wer wie wir den sozialen, möglichst solidarischen Zusammenhalt der Menschen in ihren unterschiedlichen Lebens - und Erlebnisbereichen im Blick hat, weiß aus eigener Erfahrung:

Neben der Wissens - und Faktenmenge, die jemand abgespeichert hat und wiedergeben kann, kommt es auf Normen und Werte und auf die Haltung an, mit der ein Mensch durch das Leben geht.

Normen und Werte werden schon in der frühen Kindheit im Elternhaus, aber wesentlich auch in Kindergarten/Hort/Grundschule vermittelt. 

Da Kinder die Zukunft sind, wie wir alle wissen, ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Notwendigkeit, die inhaltlichen, strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen nachhaltig zu verbessern. Deshalb ist es ständig und dringend erforderlich, die Verantwortlichen in Politik/Wirtschaft/Kirche usw. anzusprechen.

Wir vertrauen darauf, dass Verbesserungen in unserer
Gesellschaft möglich sind und zunehmend gelingen.
Wir wünschen uns ein Land, in dem alle Kinder
gute Zukunftschancen haben.
Dafür setzen wir und ein.



4.3.    Die drei Funktionsstufen des PFSM
 

Das PFSM gründet sich auf drei Funktionsstufen:

Stufe 1:          Lese - und Lernpaten

Stufe 2:          Freizeit – und Betreuungspaten

Stufe 3:          Praktische Haushalts- und Familienpaten.

Diese Funktionen der verschiedenen PatInnentätigkeiten stehen zunächst einzeln für sich und haben auch als solche einen eigenen, gleichberechtigten Selbstwert innerhalb des Modells.

Darüber hinaus ist es möglich, daß die Funktionen sich stufenweise entwickeln und ineinander übergreifen.

Alle Tätigkeiten der PatInnen sollen die emotionalen, sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Kinder ansprechen. Die Anerkennung und Förderung der individuellen Möglichkeiten und Talente unserer Patenkinder sind wesentlicher Inhalt der PatInnentätigkeit neben der Verbesserung ihrer schulischen Leistungen.

Der Aufbau einer guten, vertrauensvollen Beziehung zu den Kindern ist Grundlage für das Gelingen einer Patenschaft und gleichzeitig Grundlage zur Verbesserung der Lese- und Lernleistung.

Mit diesen Zielvorstellungen und Prioritäten wollen wir unsere Patenkinder möglichst ganzheitlich ihrem altersgerechten und individuellen Entwicklungsstand angemessen in ihrer jeweiligen Lebenssituation begleiten und fördern.

Natürlich ist dieses PFSM zunächst eine theoretische Konstruktion, die sich immer wieder neu in der Umsetzung und Reflexion der praktischen Realität stellen und - falls erforderlich - geändert werden muß.

4.3.1. Lese- und LernpatInnen
 

Die Lese- und LernpatInnen können wesentlich dazu beitragen, bei den Kindern zunächst einmal die Leselust zu wecken. Weiterhin sollen leseschwache bzw. lernschwache SchülerInnen im Hort und in der Grundschule unterstützt werden. Diese Unterstützung kann nach Absprache mit den Lehrkräften und den päd. Fachkräften auch auf andere Fächer erweitert werden.

Die Auswahl der Kinder erfolgt in der Regel durch die päd. Fachkräfte in Kita und Hort und die Fach- oder KlassenlehrerInnen in der Grundschule. Die Koordinatorinnen für EIKA- Lese- und LernpatInnen sind z.Z. Frau Beckmann-Gibbisch (Kita), Frau Rahlf (Hort) und Frau Grünhagen (Schule).

In Einzelfällen kann auch auf Wunsch der Kinder oder der Eltern eine Unterstützung beim Lernen stattfinden. In jedem Fall ist eine inhaltliche und organisatorische Absprache mit den Lehrkräften oder den päd. Fachkräften sowie eine Einverständniserklärung des/der Sorgeberechtigten erforderlich.

Die GrundschullehrerInnen sollen die PatInnen in fachlichen Fragen beraten bzw. Hilfestellungen geben. Eine inhaltliche, grundsätzliche Einstiegseinweisung durch die Lehrkräfte bzw. KoordinatorInnen wäre hilfreich und sinnvoll. Die Lese- und LernpatInnen arbeiten in der Regel nicht im häuslichen Bereich, sondern in Schule, Hort, offene Ganztagsschule oder in den Gemeindehäusern der Kirche.

Alle vorher genannten Bedingungen gelten auch für die Lese- und LernpatInnen im Hortbereich, wobei hier die Hortleitung die Absprachen mit Lehrkräften und Eltern übernimmt.

Im Elementarbereich der Kindertagesstätte spricht die Leitung (z.Z. Frau Beckmann-Gibbisch) die inhaltliche und organisatorische Struktur mit den Eltern ab.

4.3.2. Freizeit - und AktionspatInnen
 

Wie schon in den vorhergehenden Punkten zum PFSM ausführlich beschrieben, steht neben der Leistungsverbesserung der Patenkinder insgesamt der Aufbau einer positiven, persönlichen Beziehung im Mittelpunkt. Vertrauensbildende Gespräche und der Wunsch der Kinder nach mehr Kontakt zu den Lese- und LernpatInnen, können und sollen dann auch dazu führen, daß sich die Begleitung in die nächste Funktionsstufe im Freizeit- und Aktionsbereich entwickeln kann.

Unabhängig von dem vorher beschriebenen Funktionsstufenwechsel von der Lese– und LernpatIn zur Freizeit- und AktionspatIn, soll es auch ein Angebot ausschließlich für die Funktionsstufe Freizeit- und AktionspatInnen geben. Wir gehen davon aus, daß eine Anzahl von PatInnen, aber auch Kinder oder Eltern, nur auf dieser Funktionsstufe Interessen oder Bedürfnisse haben.

In Absprache mit den Patenkindern und Eltern (der Grundsatz der Freiwilligkeit muss immer gewahrt werden) sollen Freizeitaktivitäten durchgeführt werden, die zur Teilhabe des Patenkindes am kulturellen und sozialen Leben beitragen (Tierparkbesuche, Fahrradtouren, Theaterbesuche usw.).

Alle Kosten dieser Freizeitaktivitäten übernimmt für die Kinder und PatInnen die Initiative EIKA. Dies gilt selbstverständlich auch für Lese- und LernpatInnen und die Haushalts- und FamilienpatInnen in ihren jeweiligen Bereichen.

Da alle PatInnen bei EIKA ehrenamtlich arbeiten und ihre Zeit, Energie, Engagement usw. zur Verfügung stellen, sollen ihnen persönlich grundsätzlich keine Kosten entstehen auch nicht für Fort- und Weiterbildung sowie Supervision usw. Diese Kosten werden auch von Spendengeldern bezahlt.

4.3.3. Haushalts- und FamilienpatInnen
 

Haushalts- und Familienpaten sollen im häuslichen Bereich nach Absprache mit dem ASD (Allgemeiner sozialer Dienst der Stadt Neumünster) tätig werden.

Die PatInnen betreuen keine Familien, in denen eine Kindeswohl-gefährdung besteht, sondern nur Familien, in denen eine Unterstützung im niedrigschwelligen Bereich (früher ,,Formlose Betreuung“ genannt) erforderlich ist. Sie sollen die ausgewählten Familien in den lebenspraktischen Problembereichen unterstützen.

Die Haushalts- und FamilienpatInnen bekommen die Möglichkeit, sich auf diese Aufgabe vorzubereiten. Diejenigen, die bisher keine  beruflichen Erfahrungen in diesem oder einem ähnlichen Arbeitsgebiet haben, können sich zu diesem Zweck beim Kinderschutzbund Neumünster im Rahmen eines ca. 10O Stunden umfassenden  Vorbereitungskurses ausbilden lassen.

Eine Begleitung der PatInnen durch die zuständige Bezirksleiterin ist vom ASD signalisiert worden und aus unserer Sicht auch unverzichtbar. Allerdings müssen beim ASD für eine solche fachliche Anleitung und Begleitung noch die strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden (zusätzlicher Stundenaufwand, neue Aufgabenanforderungen usw.).

Die praktische Koordinierung zwischen ASD, Kita, PatInnen, Schule usw. übernimmt EIKA.

4.4.    Abschließende Bemerkungen
 

Wir haben nach den Sommerferien 2013 mit der praktischen Arbeit begonnen. Es ist uns in dieser relativ kurzen Zeit gemeinsam gelungen,  unsere Initiative EIKA (Einfeld - für Kinder aktiv) in unserem Stadtteil gut zu positionieren. Wir wünschen uns eine dauerhafte Zusammenarbeit, um das bestehende Bild zu festigen und positiv weiter zu entwickeln.

An dieser Stelle soll abschließend noch einmal ausdrücklich erwähnt werden, daß wir äußerst engagierte PatInnen in den verschiedensten Funktionen gewinnen konnten, die Woche für Woche einen manchmal auch schwierigen ehrenamtlichen Dienst leisten, der aber ganz sicher für die Kinder und deren Familien ein Segen ist.